Einmal ums Ostkap - Teil 1

25. November auf nach Napier

On the road again. Auf nach Napier und weiter zur Tolaga Bay. Kurz hinter Taupo ein Hinweis auf die nächste Tankstelle in 131 km. Ein kurzer Blick auf die Tankanzeige, ¾ voll, das reicht locker für hin und zurück.

Nach 50 km ein Hinweis auf einen Lookout, es regnet, aber trotzdem eine Pause ist angesagt. Am Lookout gibt es einen auch bei Regen schönen Blick auf die Waipunga Falls. Viel höher als die Huka Falls vom Vortag.

In den Bergen gab es starke Seitenwinde, die 2,60 m Höhe des Campers machen sich bemerkbar. Auf der Fehmarnsundbrücke hätte es wohl ein Fahrverbot gegeben, also Tempo runter und gemächlich durch die Berge. Ab und an fahre ich links ran, um eilige PKW vorbei zu lassen. Neuseeländer erkennt man daran, dass sie sich mit einem kurzen Hupen bedanken.

Für die Nacht habe ich mir einen Platz in Bay View ausgesucht, ich fahre zunächst vorbei, um in Napier ein paar Dinge einzukaufen. Um 80 Dollar ärmer habe ich den Supermarkt mit 4 Tüten verlassen.

Da der Wind in den nächsten Tagen sehr stark und böig ist, bleibe ich ein drei Tage hier. Seit ich mich entschieden hatte, nicht auf die Südinsel zu fahren, hatte ich Zeit, ohne das Gefühl etwas  zu verpassen. Leider habe ich kein Fahrrad dabei, um Ausflüge unabhängig vom Camper zu machen. Dass Napier seit den 1930 Jahren nach dem Erdbeben 1931 vom Art-Deko-Stil gekennzeichnet ist, habe ich leider erst nach meiner Neuseelandreise so richtig gerafft.

26. November – die Erde bebt

Pause, Mails schreiben, den Reisebericht fortführen, Sommerwetter genießen …
In einer Mail habe ich heute geschrieben, dass ich manchmal nicht weiß, welches Datum gerade ist oder welchen Wochentag wir haben, toll, dass es die Möglichkeit des Sabbatjahres gibt.

Ich habe eben bewusst das erste Mal im Leben ein Erdbeben wahrgenommen. Es war so, als wenn am Camper ein schwerer Lastwagen vorbeifährt. Das Epizentrum lag etwa 100 km entfernt in einer dünn besiedelten Gegend. Nach Auskunft des neuseeländischen Informationszentrums wird es als strong bezeichnet. Es wurde 5.0 gemessen, das Beben vor 12 Tagen hatte 7.8 und war damit, so wie ich es verstanden habe, 800 Mal so stark. Von daher wundere ich mich um so mehr, dass ich es nicht wahrgenommen hatte.

Erdbeben, ich mache Erfahrungen auf dieser Reise, mit denen ich nicht gerechnet habe. Naturereignisse, die für uns Norddeutsche unbekannt sind, ein Sturm, abgedeckte Dächer, eventuell Überschwemmungen wie beispielsweise 1961 in Hamburg, damit haben wir gelernt umzugehen, insbesondere wenn wir davon nicht direkt betroffen sind. Schwere Gewitter waren für unsere Großeltern, teilweise Eltern eine Bedrohung, ich kann mich so eben erinnern, dass uns meine Mutter bei einem Gewitter nachts geweckt hat. Technischer Fortschritt hat einige Bedrohungen gemildert. Der Vesuv bei Neapel wird irgendwann einmal ausbrechen oder ein ähnliches Erdbeben wie 1904 wird in San Franzisco passieren. Ereignisse, die zu unseren Alltagsleben gehören, können wir einschätzen, manchmal verdrängen wir sie. Sind das menschliche Verhaltensweisen, die zu einem erträglichen Leben gehören?

29. November – Start ums Ostkap

Nach 4 Übernachtungen in der Nähe von Napier starte ich meine Tour um das Ostkap der Nordinsel. Nach Allem was ich gelesen habe, gibt es hier schöne Buchten und Strände. Auch erhebt sich dort der mit ca. 1 700 m Höhe ein nicht vulkanischer Berg. Zunächst auf nach Waiora vorbei am höchsten Eisenbahnviadukt Neuseelands bei Mohaka. Das 1937 fertiggestellte Viadukt überquert den Mohaka River in 95 m Höhe.

 Wairoa

Wairoa ist das Zentrum einer nicht sehr dicht besiedelten Region. Aus dem Supermarkt wurden dementsprechend volle Einkaufswagen in die Autos entladen. Die nächsten beiden Städte liegen jeweils etwa 100 km entfernt. Von Napier bis hierhin gab es natürlich wieder keine Tankstelle. Der Campground (Riverside Motor Camp) liegt an einem kleinen Fluss in fußläufiger Entfernung zum Ortskern.

Fünf der Wohnwagenplätze sind mit weihnachtlichen Lichterketten geschmückt. Die Motive der Lichterketten sind dementsprechend sommerlich gestaltet. Santa auf dem Motorrad oder Santa und Rudolf beim Barbeque. Die Inhaber des Campgrounds geben sich viel Mühe und sind sehr aufgeschlossen. Auch den 30. November habe ich in Weiroa verbracht. Einfach einmal einen Tag ausspannen, es ist ja Urlaub, auch in Neuseeland muss nicht jeden Tag etwas Spannendes passieren.

Ich habe den Camper Kuddel getauft. Anlass hierzu war eine Frage von Steff aus Bayern, der wissen wollte, wie mein Auto denn heiße. Er hat seinen Sleepervan dieses Jahr zum 2. Mal gemietet und hat ihn Beppi getauft. Mit Steff, der als Bayer schon mittags sein Bier trank, habe ich dann am Nachmittag und Abend das ein oder andere Bier getrunken. Als Segler habe ich zwar die Angewohnheit, nie vor 18 Uhr, es sei denn, es ist große Not. Irgendwann am Nachmittag schmeckten weder Tee, Mineralwasser oder Kaffee, also war höchste Not.

An der Tolaga Bay

Warf an der Tolaga Bay

1. und 2. Dezember

Die Tage mit dem sonnigen Wetter sind vorbei. Es hat nachts begonnen zu regnen. Um 10 am hört es auf und ich entschließe mich, weiter zu fahren. Es ist zwar schöner Küstenstraßen zu fahren, wenn es sonnig ist, aber bei Regen nur im Auto zu hocken überzeugt mich auch nicht. Von Weiroa bin ich heute über Gisborne zur Tolaga Bay gefahren.

Auch an der Tolaga Bay sind Spuren von James Cook zu finden. Ein Wanderweg, die Klippen entlang, ist nach ihm benannt.

Sehenswert ist die Tolaga Bay Wharf. Diese Pier wurde Ende der 1920er Jahre erbaut. Sie führt 600 m ins Meer hinein und diente bis Ende der 60er Jahre zum Abtransport der in der Umgebung erstellten Güter. Mit Schiffen wurde unter anderem Holz, Wolle, Fisch und Fleisch zu anderen Häfen an der neuseeländischen Küste  transportiert. Mit dem Bau der Straße rund um das Ostkap verlor die Pier Ende der 60er Jahre an Bedeutung.

In den 80er Jahren wurde Sie zum Kulturerbe Neuseelands erklärt. Dieses schützte Sie jedoch nicht vor dem Verfall. Mit mehreren Millionen NZD, die durch Spenden zusammen kamen, wurde sie Anfang des Jahrhunderts saniert und vor dem Verfall gerettet. Die Pier strahlt einen morbiden Charme aus: Etwas Rost, bröckelnder Beton und farbige Kontraste durch Algen- und Moosbewuchs.

Ganz so ruhig wie auf den Fotos ist der Pazifik hier nicht immer, das bezeugen die am Strand angeschwemmten Bäume.